Was seit der Wahl des CDU-Kandidaten Christian Specht wohl von Vielen befürchtet wurde, zeigt sich so langsam: Die rechten und konservativen Parteien in Mannheim nutzen ihre neuen Mehrheiten dazu, linke, alternative und progressive Projekte gezielt zu schwächen. Die Diskussion kam spätestens auf als am 1. Oktober im Mannheimer Gemeinderat von der AfD ein Antrag eingereicht wurde, der auf die Streichung der Fördermittel des JUZ Mannheim abzielt. Die Streichung dieser Fördermittel käme einer faktischen Schließung des JUZ Mannheim gleich, würde es mindestens erheblich in Bedrängnis bringen.
Die CDU unterstützte die AfD dabei während der Gemeinderatssitzung mit Rechtshilfe und Tipps für das Erstellen eines erfolgreichen Antrags – entzog letzlich aber aufgrund öffentlichen Drucks schnell die Unterstützung und verkündete die Absicht, einen solchen Antrag selbst einbringen zu wollen. Dass die CDU zum Erfolg dieses Antrags auf die Stimmen der AfD angewiesen sein wird, ist ihr wohl bewusst, und das öffentliche Verneinen einer Zusammenarbeit damit bloße Augenwischerei.
Das Ganze ist insgesamt wenig überraschend, so versuchte die CDU Mannheim schon 2017 einen Antrag mit dem gleichen Ziel durchzusetzen, scheiterte aber letztlich an öffentlichen Protesten und fehlender Mehrheiten für den Antrag im Gemeinderat. Seit dem Sieg der CDU in der letzten OB-Wahl in der traditionellen SPD-Hochburg Mannheim, haben sich die Mehrheitsverhältnisse im Gemeinderat verschoben und der Moment für einen weiteren Angriff auf das bei Rechten unliebsame Projekt scheint gekommen.
Doch wir sollten nicht bei der Empörung über den Angriff auf das JUZ stehen bleiben, sondern anlässlich der Haushaltsverhandlungen für 2025/26 im Dezember einen Blick über den Tellerrand werfen. Der im November vorgelegte Haushaltsentwurf für die Stadt Mannheim und die Reden der rechten und konservativen Kommunalpolitiker*innen zeigen deutlich: Die rechte Haushaltspolitik betreffen bei Weitem nicht nur das JUZ: Seit der OB-Wahl von Specht bangen viele kulturelle und alternative Initiativen um ihre Fördermittel und Budgettöpfe, und es zeigt sich schon an einigen Stellen, dass diverse langjährige Angebote und Projekte unter dem konservativen Bürgermeister konkret in Gefahr sind, wie zum Beispiel auch das ALTER am alten Messplatz. Das Queere Zentrum Mannheim (QZM) muss ohnehin jedes Jahr aufs Neue bangen, ob es weitere Gelder zur Verfügung gestellt bekommt.
In den öffentlichen einsehbaren Reden der Parteien zu der Etatverhandlung, übertrifft die AfD natürlich die CDU und fordert nochmal weitreichendere Kürzungen als die CDU. So sollen neben ersatzloser Streichung von Geldern für JUZ, QZM, des Aktionsfonds gegen Rechts und Einsparungen beim Nationaltheater Mannheim auch der Klimafonds in Höhe von 10 Millionen Euro ersatzlos gestrichen werden. Zitat von Jörg Finkler der AfD dazu: „Wir als AfD wollen sichergehen, dass die Mannheimer Steuergelder für Mannheimer Belange ausgegeben werden. Also nicht für Wirtschaftsflüchtlinge, nicht für verfassungsfeindliche Vereine und schon gar nicht zur angeblichen „Rettung des Weltklimas“
Auch wenn sich CDU und AfD in Härte und in einzelnen Punkten unterscheiden, ist die inhaltliche Stoßrichtung aber die Gleiche.
Was wir hier spüren ist ein rechter Sozialabbau auf kommunaler Ebene, der sich mit als Erstes auf (inter)kulturelle und progressive Projekte ausrichtet. Der Kampf ums JUZ ist von daher nicht nur der Kampf ums JUZ sondern auch der Kampf gegen eine rechte Haushaltspolitik und nicht isoliert, sondern im Kontext des allgemeinen Rechtsrucks zu betrachten.
In der Praxis bedeutet der Rechtsruck und rechte Mehrheiten nämlich nicht zwangsläufig die Einführung des Faschismus über Nacht, sondern vielmehr den stückweisen Umbau unserer Gesellschaft:
Zurückdrängen progressiver und linker Handlungsspielräume, Rücknahme von Errungenschaften wie Arbeitnehmer*innen- und Sozialrechten oder Klimaschutzmaßnahmen und den schrittweisen Ausbau des autoritären Staates.
Zusammenarbeit CDU und AfD
Die Zusammenarbeit von CDU und AfD mag viele erst mal schockieren, und das auch völlig zurecht. Am Ende ist die Gemeinderatssitzung am 1. Oktober jedoch einfach ein Blick hinter den Vorhang gewesen: Die CDU und AfD verfolgen faktisch auf kommunaler wie auf bundesweiter Ebene oft die selben oder sehr ähnliche Ziele. Die AfD und ihre gesteigerten Wahlerfolge geben der CDU perspektivisch die Möglichkeit ihre Ziele gegen die Parteien der Ampel durchzusetzen. In der Öffentlichkeit ziert sich die CDU noch vor der Zusammenarbeit mit der AfD, auch im konkreten Fall in Mannheim. Das hat jedoch nichts mit einer überzeugten Ablehnung der AfD-Positionen zu tun, sondern kommt aus der Angst um die negative öffentliche Reaktion. Das zeigt uns, dass es sich weiter lohnt jede Form von Annäherung der CDU an die AfD zu skandalisieren und damit einer Normalisierung von solchen Bündnissen entgegenzuwirken. Wir machen uns aber keine Illusionen , dass diese Maske früher oder später fallen wird.
Linke Freiräume erhalten
Das JUZ Mannheim ist fester Bestandteil der jüngeren linken und antifaschistischen Bewegung in Mannheim. Nicht nur die aktuell viel hervorgehobene Sozialarbeit mit Jugendlichen und Geflüchteten ist wichtig und erhaltenswert. Gerade auch der Umstand, dass das JUZ politischen Initiativen wie dem OAT einen Raum bietet und selbst einen klaren linken Standpunkt vertritt ist in den heutigen Zeiten viel wert und nicht selbstverständlich. Dass das JUZ trotz seiner städtisch unterstützten Finanzierung hier nicht einknickt und seinen Werten treu bleibt – und diese Angesichts rechter Angriffe auf das Projekt auch offensiv politisch verteidigt, ist wichtig und richtig.
Für uns ist also vollkommen klar, dass wir als linkes Zentrum und als Teil der linken Bewegung in Mannheim solidarisch an der Seite des JUZ stehen und uns gegen die Streichung von Fördermitteln für das JUZ, aber auch für andere kulturelle und alternative Initiativen oder diverser Klimaschutzmaßnahmen in Mannheim stark machen.
Gegenmacht von unten bauen
Wenn wir uns die politische Entwicklung in Deutschland und speziell in Mannheim anschauen, zeigt sich, dass unser Kampf gegen rechte Sparpolitik weder beim JUZ anfängt noch beim JUZ aufhört. Es ist natürlich richtig und notwendig, solche gezielten Angriffe von rechts auf einen linken Freiraum gemeinsam abzuwehren. Gleichzeitig dürfen wir das nicht als ein isoliertes Ereignis begreifen, sondern als Ausdruck des anhaltenden gesellschaftlichen Rechtsrucks. Deshalb dürfen wir als linke Bewegung nicht beim reinen Verteidigen und Abwehren stehen bleiben, dies gilt sowohl in Bezug auf Schließungsversuche von linken Räumen, aber auch beispielsweise beim Umgang mit rechten Akteuren wie der AfD im öffentlichen Raum.
Wir müssen mit unserer Politik und Praxis wieder relevant für den Großteil der Gesellschaft werden. Wir müssen die aktuell weit verbreiteten Zweifel und Sorgen der Bevölkerung angesichts sich zuspitzender Krisen praktisch aufgreifen und linke Antworten sichtbar und greifbar machen. Es gibt genug Themen, die sich dafür anbieten und von einer organisierten linken und klassenbewussten Praxis enorm profitieren würden. Beispielhaft genannt sind aktuelle Arbeitskämpfe, Proteste gegen Kriege und Aufrüstung, Widerstand gegen anhaltende Mietsteigerungen und andere Preiserhöhungen sowie der Kampf um Klimagerechtigkeit.
Dabei dürfen wir nicht den Blick aufs Große Ganze verlieren: Unser Ziel bleibt die Abschaffung des Kapitalismus, genau wie der Kapitalismus die Wurzel der Probleme unserer Gesellschaft bleibt. Trotzdem müssen wir uns in reale Kämpfe einmischen und antikapitalistische Standpunkte im Alltag greifbar machen. Das erfordert mitunter Kompromisse, schwierige Bündnisverhältnisse und Arbeiten mit politischen Widersprüchen – ist aber der einzige Weg, eine tatsächliche Relevanz jenseits von abstrakter und nicht greifbarer Revolutionsrhetorik zu entwickeln.
Denn natürlich sind wir weit davon entfernt eine Revolution in unserem Sinne umzusetzen. Das müssen wir realistisch anerkennen und damit arbeiten. Was wir aber tun können, ist möglichst viele Menschen von linken Ideen, wie sozialer Gerechtigkeit, Feminismus, Antirassismus, Antimilitarismus und vielem mehr, zu überzeugen und damit gleichzeitig eine stabile linke Gegenmacht aufzubauen, die möglichst unabhängig von städtischen oder staatlichen Mitteln funktioniert und trotz voranschreitenden Rechtsrucks und perspektivisch noch stärkeren rechten Mehrheiten eine eigenständige linke Praxis und antifaschistischen Widerstand aufrecht erhalten kann.
Die Herausforderung liegt darin, all diese Phrasen und guten Vorsätze tatsächlich in die Realität umzusetzen. Der Weg liegt im konkreten Tun und in der kontinuierlichen politischen Praxis – möglichst nah an der Lebensrealität der Menschen.